@jimmyglitschi
Ich rede nicht davon nur den Bedarf der Wirtschaft an Universitäten abzudecken, sondern davon, dass es nicht systemdienlich ist durch sehr einfache Zugänglichkeit eine Vielzahl von Studenten zu generieren, die sich zwar hervorragend innerhalb ihres Studentenlebens selbst finden kann, jedoch dadurch, dass enorme Mengen Akademiker auf den Markt geschwemmt werden, dafür sorgt, dass sämtliche Nicht-Akademiker an Ansehen verlieren und die Gesellschaft an allen Ecken und Enden nach Studierten lechzt. Darum geht es doch in diesem Thread. Dadurch, dass derart viele Akademieabgänger existieren, wird die Forderung jedmögliche Stelle mit einem Akademiker zu besetzen doch nur unterstützt. Dadurch, dass es so leicht ist die Zulassung für ein Studium zu erlangen und zusätzlich, aufgrund des immensen Angebots an Studiengängen und -plätzen weit über irgendeinen Bedarf hinaus, ebenfalls (irgend-)ein Uniabschluss zu kriegen, verlieren die Nicht-Studierten an Ansehen und die Studiertenschaft gewinnt weiter an Bedeutung.
Würde ein gewisser Prozentsatz X der Studierten dann auch eine entsprechende Wertschöpfung generieren, die den derzeitigen Trend "Studium über alles und für alle" rechtfertigen würde, wäre das toll. Dem ist aber derzeit absolut nicht so. Sicherlich ist der Prozentsatz bereits ordentlich hoch, aber eben nicht hoch genug, um diese allseitige Studienbesessenheit zu rechtfertigen.
Dass wir in einer derartigen Wohstandsgesellschaft leben, dass es möglich ist, dass jeder frei nach seinem Belieben Dinge studieren kann, ist ein enorm wertvoller Aspekt unserer Gesellschaft, den ich auch nicht missen möchte. Auch, dass einige erst nach mehreren Semestern feststellen, dass es doch nichts für sie ist, was sie studieren und sich dann eben nochmal neu finden können und verwirklichen können ist ein "Luxusgut" unserer Gesellschaft. Aus sozialer, menschlicher Sicht heraus sind das große Vorteile unserer Gesellschaft, aber auf den Studien-Hype bezogen muss man eben nüchtern feststellen, dass diese Vorzüge diesem Hype in die Hände spielen.
Ich habe meine vorangegangenen Posts stets auf den Titel dieses Threads und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Wahrnehmung in Gesellschaft und Wirtschaft bezogen.
Ja, das hab ich mir auch gedacht. Ich hab im Ing. Studium auch das Problem dass bis auf die Mathematik und die naturwissenschaftlichen Grundlagen je nach späteren Berufsbild viel des Lehrinhalts keine Rolle mehr spielt. Zu breit gefächert. Gibt auch einige Spezialisten die ohne Druck von Außen den Arsch nicht hoch kriegen und bis zum Ende des Studiums eh die Hälfte wieder vergessen haben und dann meinen dass man viel vom Lehrinhalt streichen sollte.
In den meisten Fällen eines Ingenieurstudiums, um beim Beispiel zu bleiben, wird man doch zum Allrounder ausgebildet, damit einem sehr viele mögliche Wege offen stehen. Wenn man sich für einen dieser Wege entschieden hat, ist es doch nachvollziehbar, dass man gewisse Studieninhalte, die man bitter gebraucht hätte, hätte man einen der vielen anderen Wege eingeschlagen, nicht mehr braucht. Deshalb ist es natürlich dennoch sinnvoll das Studium breitgefächert aufzubauen. Eben um dem Absolventen viele Möglichkeiten zu eröffnen.
Jemand, der beispielsweise Ballett studiert hat, blickt meiner Einschätzung nach auf ein weniger reichhaltiges Arbeitsplatzangebot.
Ein akademischer Grad sagt nur aus, dass man eine Hochschule/tertiäre Ausbildung abgeschlossen hat. Ob das eine wissenschaftliche, technische, gestalterische, künstlerische Hochschule ist, spielt dabei keine Rolle. Wie anwendungsbezogen oder abstrakt der Studieninhalt ist spielt keine Rolle und ob es sich um eine am Arbeitsmarkt gefragte Ausbildung handelt, auch nicht.
Korrekt. Ich habe die Definition des akademischen Grades nicht infrage gestellt, nur die Sinnhaftigkeit seiner massenhaften Vergabe. Je mehr Akademiker, desto größer der Druck einen solchen Abschluss zu erreichen, um in der Gesellschaft gut darzustehen. Meine Meinung diesbezüglich zum Thema des Threads.
Den Begriff Brotstudium gibt es ja nicht erst seit gestern. Wirtschaft/BWL, Wirtschaftsinformatik, Recht für die Ehrgeizigen. Wer einfach nur 5 Jahre nicht arbeiten und die Welt bereisen will soll halt sowas machen wenn man danach gut verdienen will. Ein Kant hat auch mit 30 seinen Doktor in Metaphysik gemacht und sich bis Mitte 40 als Hauslehrer und Bibliothekar seinen Lebensunterhalt verdienen müssen. Wenn man dann nach ein paar Seminararbeiten und ein wenig Street Work nicht damit klar kommt mit Mitte 20 noch ein paar Jahre für 1200-1500€ arbeiten zu müssen oder eine richtige Ausbildung nachholen zu müssen dann geht doch die Welt nicht unter. Irgendwann muss man sich eben überlegen was man mit seinem Leben anfangen will und wie die Brötchen auf den Tisch kommen sollen. Dass man es nach dem Studium nicht mehr so leicht hat, wie währenddessen oder davor, sollte doch einleuchten. So bitter das für den einzelnen auch ist kann man nicht das Studienangebot für die Studienwahl verantwortlich machen.
Klar, jeder ist für sich selbst verantwortlich. Hab ich soweit kapiert, nur kann ich nicht so recht die Brücke zwischen diesem Absatz und der Intention meiner Argumentation schlagen, verzeihung.
Ansonsten zeugt die Argumentation von Lifthrasil auch nicht gerade von einem großen Erfahrungshorizont. Kennt 1 Person die Musikwissenschaften studiert hat, setzt das mit einer Musiker/ oder Künstlerausbildung gleich und kann sich dann nicht vorstellen was man auf einer Akademie Musik/Tanz/Kunst 5 Jahre so machen kann und dass man dafür ein Diplom bekommen kann. Ist ja alles nur Üben
Ich habe doch auch nie behauptet, dass ich die Wahrheit, Recht und einzig zulässige Meinung für mich reserviert habe. Mehrfach habe ich darauf hingewiesen, dass das meine persönlichen Erfahrungen sind, die ich aus meinem Umfeld erhalten habe. Es ist richtig, dass ich nur eine Person persönlich kenne, die Musikwissenschaften studiert hat, aber diese Person wiederrum kennt viele weitere und hat sich mit diesen ausgetauscht. Auch über die Themen, über die sie sich mit mir ausgetauscht hat, sodass ich zwar nur mit einer Person gesprochen habe, dieser Erfahrungsbericht deswegen aber doch nicht gleich unfundiert und Einzelfallmeinung sein muss. Aber dennoch sein kann, natürlich.
Und ja, so wie mir ein Studium in diesen Bereichen bisher präsentiert wurde, weiß ich ganz einfach nicht, was die Notwendigkeit hervorruft 5 Jahre an einer Universität Dinge zu tun, die scheinbar mit dem direkten Spielen des Instrumentes nichts zu tun haben. Das bedeutet doch nicht, dass es so und nur so, wie ich das bisher sehe richtig ist, oder dass ich mich nicht eines besseren belehren lassen kann. Kein Grund mir eine mit dem Hammer zu verpassen, hoffe der Notschlachtung kann ich hier noch ein wenig länger entgehen
Dass die Musikstudenten sich an der Uni einfinden, damit sie dort unter Begleitung der absolut besten Lehrkörper auf diesem Fachgebiet spielen können und ihre Fähigkeiten ausbauen können, leuchtet sogar mir ein, keine Sorge. Nur um auf das Thema des Threads zurück zu kommen: Ist es notwendig, dass alles in einem akademischen Abschluss gipfelt? Dieses Verlangen nach Studienabschlüssen in allen Bereichen resultiert doch zum Teil (oder verstärkt sich teufelskreismäßig dadurch) daraus, dass "alles" mit einem akademischen Abschluss versehen wird. Um dem entgegen zu wirken könnte man manche Studiengänge auch in eine nicht-akademische Ausbildung umwandeln, ohne den Inhalt drastisch reduzieren zu müssen. Da sich das Bildungssystem aber leider ohne Beachtung wirtschaftlicher Aspekte nicht trägt, ist es wohl das sinnigste diejenigen Studiengänge zu beschneiden, die die geringste Wertschöpfung/Notwendigkeit für den Fortbestand der Gesellschaft (Dazu gehört die Wirtschaft nunmal absolut maßgeblich) haben. WENN man eine solche Auffassung vertritt und die "Akademikerflut" als Problem sieht. Das vorausgesetzt. Das wäre zumindest eine, zunächst mal nur denkbare, Möglichkeit, um dem Studienwahn entgegen zu wirken. Sicherlich bedarf es vieler vieler komplexerer Überlegungen dazu und viele Faktoren müssen berücksichtigt werden, die derzeit einfach nicht klar abschätzbar sind in ihrer Bedeutung und Auswirkung.
Gruß
Lifthrasil