Ein Hamburger, der mir um vier Uhr früh von einer Bedienung serviert wird, macht mich satt (Primärzweck), egal, ob die Bedienung gut drauf ist oder mürrisch.
Das Auto, das mir der Mechaniker repariert, repariert er, weil er diesen Beruf ergriffen hat (ob aus Neigung oder Notwendigkeit), Lehrling und Geselle geworden ist und sich in einer Autowerkstatt hat anstellen lassen. Egal ob der Mechaniker momentan gut drauf ist oder nicht, die Hoffnung besteht, dass das Auto nach der Reparatur wieder läuft (Primärzweck), ich die Rechnung begleiche und der Mechaniker indirekt dafür seinen tariflich festgelegten Lohn bekommt.
Jemand erbringt eine Dienstleistung gegen Geld. Sobald die Reparaturannahme mein Auto angenommen hat, habe ich ein Recht darauf, dass das Auto repariert wird. Und der Laden hat ein Recht darauf, dafür Geld zu verlangen. Ware gegen Geld; Angebot und Nachfrage. Es ist ein Markt. Die Akteure sind darin nicht direkt persönlich involviert.
Hier scheint bei vielen die Neigung zu bestehen, auch den Sex als eine Art Leistung, als neutrale Ware anzusehen, auf die man als "Kunde" ein Recht hat, wenn man nur dafür bezahlt. Und dass die Leistung (der Primärzweck) nichts mit dem Leistungserbringer zu tun hat. Dabei ist Sex das menschlich Nächste, was man erleben kann. Aber bei der Prostitution wird etwas zu einer Dienstleistung umdefiniert, was keine ist. Es wäre und ist ja auch keine Dienstleistung, wenn sie in einer festen Partnerschaft stattfindet. Deswegen ist das Beispiel von Alphatum mit dem gefaketen Orgasmus meiner Meinung nach fehl am Platz. Aus welchen Motiven zwei Liebende etwas tun oder auch nicht, kann niemand beurteilen, der glaubt, dass Sex eine Dienstleistung ist und nicht mehr. Vielleicht täuscht die Frau den Orgasmus nur vor, weil sie Schwierigkeiten hat, einen solchen zu bekommen, aber ihren Partner nicht verletzen und als schlechten Liebhaber hinstellen will. Aber sie weiß, dass es dem Mann ein Bedürfnis ist, auch sie zum Orgasmus zu führen, weil es ihn sonst auch nicht so recht befriedigt... Also handelt die Frau zwar falsch, aber aus Liebe (vielleicht sollten die eiden mal über ihr Liebesleben reden), hat aber dennoch nichts gegen den Sex, weil die die Nähe und Intimität mit ihrem Mann dennoch gern hat oder sogar braucht. Und auch der Mann, der den gefaketen Orgasmus nicht bemerkt, ist da vielleicht ein wenig oberflächlich, aber er will sie ja einen Orgasmus kriegen sehen, ihr zuliebe.
Was mir an der ganzen Diskussion hier nicht gefällt ist, so zu tun, als ob die Prostituierte einfach nur ihre Muschi hinhält. Im Prinzip ein Mensch als Fleshlight, nur noch mit ein bisschen Kopf, Busen und Arsch dran.
Bei mir würde sich jedenfalls kein Sackhaar regen, wenn ich wüsste, dass mein Gegenüber das nicht gerne tut, es ihm keine Lust bereitet. Es ist doch kein seelenloser Automat, wo ich ein paar Euro einwerfe und dann meinen Schniedel in ein Loch halte, bis es spritzt. Vielleicht ist das auch der Hintergrund der ganzen Diskussion: Möglichst die menschliche (unangenehme) Komponente wegdiskutieren, damit man mit vollem Recht und moralischer Neutralität diese Dienste in Anspruch nehmen kann. Es mag ja Nutten geben, die selbst seelisch so abgestumpft sind, dass sie kein Aufhebens mehr davon machen, wer über sie drübersteigt, hauptsache es gibt Geld dafür. Aber wie gesagt... kein Sackhaar...