Hmm, ich stelle zwar auch fest, dass bei den meisten Jugendlichen, die ich so kenne (meine Kinder eingeschlossen), das Interesse nicht über Rihanna und Co hinausgeht, und dass Songs, die schon 3 Jahre alt sind, als hoffnungslos sowas von gestern abgestempelt werden. Ist aber auch, wenn man genauer drüber nachdenkt, kein Wunder. Erstens ist die Welt überhaupt viel schnellebiger geworden, in jeglicher Hinsicht. Die Konsumgüterindustrie wirft, um überhaupt noch Kaufanreize zu schaffen, immer schneller und in immer kurzlebigeren Zyklen neue Produkte und "Trends" auf den Markt. Hatte ein Rubik's Cube vielleicht noch eine Interessensspanne von ein paar Jahren, die Tamagotchis von ein paar Monaten, so redet man heute von den Pokemon Go schon nach wenigen Wochen kaum noch. Das gleiche gilt für die Mode- und Musikströmungen. Die Jugendlichen leben halt viel mehr im hier und jetzt als vor 20, 30 Jahren. Dazu kommt, dass sie Bindung an das Elternhaus und den elterlichen Ablauf heute nicht mehr so gegeben ist. Man ist viel selbständiger und treibt sich viel mehr mit seiner Peer Group herum als dass man zusammen mit den Eltern "Wetten dass..?" oder Dalli-Dalli schauen "müsste". Das Angebot an familien-kompatiblen Fernsehangeboten ist auch sehr überschaubar. Durch den technischen Fortschritt ist es heute möglich, ohne Trägermedien Musik zu konservieren und abzurufen; Internet und WiFi sind allgegenwärtig. Früher hat man sich dreimal überlegt, ob man sein Taschengeld für eine Vinylschallplatte oder MusiCassette (Kostenpunkt 20 - 25 DM) ausgibt, und wenn, dann sollte es etwas "Gscheits" sein. Durch den mangelnden Konsum guter Literatur und hochwertiger Bücher (Bücher - was ist das eigentlich) verarmt auch zusehends der Wortschatz, insbesondere, wie ich feststellen muss, der Fremdwortschatz.
Es ist halt auch so ein Phänomen, dass man genau das irgendwann mal mag, was man vorher genügend oft gehört/gesehen hat. Darauf basiert ja auch der Erfolg der heutigen Dudelsender, wo die neuesten Hits in Endlosschleife - immer die 10 bis 20 gleichen Songs - in die Kids hineingeprügelt werden. Und früher war's dann (zumindest bei mir) so, dass man viel davon mitbekommen hat, was die Eltern so an Musik hören. Da war zwar sehr viel Schnulz und Schmacht mit dabei, aber sogar dieser Schnulz war meistens künstlerisch, gesanglich und vom Arrangement her, hochwertig. Und so kam es halt, dass ich auch einen Vico Torriani, Peter Alexander oder eine Caterina Valente irgendwann sehr gern gehört habe, neben den "moderneren" Sachen damals, von ABBA bis Zappa sozusagen. Heute ist das natürlich eher alles Nostalgie, wenn ich die alten Scheiben mal höre (und zwar als mp3 auf Amazon Prime
), dann merkt man schon, wie "alt" das alles ist, und der Erinnerungswert an die damaligen Zeiten, als man diese Musik als Kind so oft gehört hat, ist einem wichtiger als der reine "Musik-Unterhaltungswert"...
Bei den Filmen ist es, finde ich, viel schlimmer: manche Klamotten aus Jugendzeiten kann ich mir nicht mehr ansehen, bzw. ich finde sie halt nicht mehr lustig. Dagegen schaffen es einige wenige, sich den Charme über die Zeit zu erhalten. Manche Zeiten hatten eben ihre eigene Art von Humor, und auch Heinz-Erhardt-Filme fand ich schon damals nicht lustig, weil ich alle seine Gags schon von den Tonaufnahmen her kannte. Das ist so ähnlich wie mit den Otto-Waalkes-Filmen. Die kann sich auch nur ein völliger Newbie oder ein eingefleischter Otto-Fan ansehen, weil es darin keinen einzigen Original-Gag gibt, der also nicht schon in irgendeiner Otto-Show verbraten worden wäre.