hier detailliert zusammen zu fassen
Nö, dazu müsste ich‘s sinnentnehmend lesen.
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Wie gut wirken Potenzmittel wirklich?
Stiftung Warentest hat 100 Potenzmittel getestet – eine »sehr nüchterne Angelegenheit«: Warum Männer vor Viagra zum Arzt gehen müssen, wie teuer gute Tabletten sind und was von Mitteln aus dem Internet zu halten ist.
23.11.2023, 12.14 Uhr
SPIEGEL: Frau Merbach, um eine wichtige Frage vorwegzunehmen: Wie muss man sich einen
Potenzmitteltest bei der Stiftung Warentest vorstellen?
Zur Person
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Foto: Stiftung Warentest
Nicole Merbach arbeitet bei der Stiftung Warentest. Sie ist journalistische Leiterin des Teams Ernährung, Kosmetik und Gesundheit.
Merbach: Schon klar, viele Leute denken, dass wir mit jeder Menge männlicher Probanden unterwegs waren und die dann täglich über Erfolg und Misserfolg befragt haben. Aber da muss ich Sie enttäuschen. Das war eine sehr nüchterne Angelegenheit. Wir sind so wie bei allen unseren Medikamententests vorgegangen und haben aktuelle wissenschaftliche Studien ausgewertet. Auf dieser Basis haben wir entschieden, ob wir ein Potenzmittel als geeignet, mit Einschränkung geeignet oder wenig geeignet einschätzen.
SPIEGEL: Und was ist dabei herausgekommen?
Merbach: Die Hauptbotschaft ist, dass es viele gut wirksame Mittel gegen Potenzschwäche gibt. Impotenz ist nichts, mit dem man heute leben muss, das lässt sich gut behandeln. Wir haben 100 dieser Medikamente bewertet, darunter die meistverkauften wie Viagra, Cialis oder Levitra und deren Nachahmerpräparate. Die meisten sind mit Einschränkung geeignet. Mit Einschränkung deshalb, weil sie zwar bei organisch bedingten Erektionsstörungen helfen, aber auch schwere Nebenwirkungen hervorrufen können.
»Wenn es mal aus Nervosität nicht klappt, ist das noch keine erektile Dysfunktion.«
SPIEGEL: Welche Nebenwirkungen sind das?
Merbach: Bei den meisten Präparaten gibt es bestimmte Personengruppen, die von vornherein nicht dafür geeignet sind, zum Beispiel schwer herzkranke Menschen, die nitrathaltige Medikamente einnehmen. Auch für Bluthochdruckpatienten und für Menschen mit bestimmten Augenkrankheiten können Potenzmittel gefährlich sein.
SPIEGEL: Der Fachbegriff für Impotenz ist erektile Dysfunktion. Was genau bedeutet das?
Merbach: Wenn es mal aus Nervosität nicht klappt, ist das noch keine erektile Dysfunktion. Ein Drittel bis die Hälfte aller Männer hat das schon erlebt. Von erektiler Dysfunktion spricht man, wenn die Potenzschwäche länger als ein halbes Jahr andauert und als starke Beeinträchtigung der Lebensqualität wahrgenommen wird. Ärzten zufolge hat das bei jüngeren Männern unter 40 oft eher psychische Ursachen, bei den Älteren eher organische. Genaue Zahlen gibt es nicht, weil Impotenz immer noch als Tabu behandelt wird.
SPIEGEL: Welche organischen und psychischen Ursachen können das sein?
Merbach: Für Potenzschwäche gibt es viele Auslöser. Oft hängt es mit dem Lebensstil zusammen, zum Beispiel mit zu viel Alkohol oder Rauchen. Das kann sich auf die Durchblutung negativ auswirken. Das gilt auch für Krankheiten wie Diabetes. Zu den psychischen Ursachen zählen beispielsweise zu großer Stress. Oder Probleme in der Partnerschaft. Dann braucht es eine Paartherapie oder ein Coaching anstatt eines Potenzmittels.
»Es gibt ja überhaupt keinen Grund, warum man sich bei einem Arzt dafür schämen sollte.«
SPIEGEL: Vor genau 25 Jahren wurde Viagra zugelassen. Welche Mittel haben sich seitdem noch etabliert?
Merbach: Nachdem der Patentschutz von Viagra ausgelaufen war, sind viele Generika auf den Markt gekommen, also Nachahmerpräparate mit dem gleichen Wirkstoff Sildenafil oder den ähnlichen Wirkstoffen Tadalafil und Vardenafil. Das sind sogenannte PDE-Hemmer, die dafür sorgen, dass die Schwellkörper im Penis lange und gut durchblutet werden. Zu ihnen zählen zum Beispiel Präparate wie Spedra, Cialis und Levitra. Die Unterschiede der Mittel sind gering und betreffen vor allem den Eintritt der Wirkung. Bei Viagra zum Beispiel dauert es etwa eine Stunde, bis sich die Wirkung entfaltet, bei anderen geht es etwas schneller oder langsamer. Daneben gibt es noch Medikamente, die man mit der Spritze injiziert. Alle sind aus unserer Sicht mit Einschränkung geeignet.
SPIEGEL: Die Mittel gibt es in unterschiedlicher Dosierung. Wie findet man heraus, welche Dosis passt?
Merbach: Die Präparate gibt es nur auf Rezept, deshalb ist in jedem Fall ein Arztgespräch notwendig. In der Regel wird der Arzt zunächst ein möglichst gering dosiertes Medikament verschreiben und die Dosis dann je nach Erfolg anpassen. Außerdem geht es in diesem Gespräch um Vorerkrankungen. Oder um die Frage, ob es womöglich Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten gibt.
SPIEGEL: Vielen Männern ist es peinlich, mit ihrem Problem zum Arzt zu gehen, und sie besorgen sich deshalb Potenzmittel im Internet…
Merbach: Davon raten wir stark ab. Denn man weiß nicht, was man dort bekommt. Das kann ein ganz gefährlicher Mix an Wirkstoffen sein. Es ist mit hohen Risiken verbunden. Und es gibt ja überhaupt keinen Grund, warum man sich bei einem Arzt dafür schämen sollte.
SPIEGEL: Wie teuer sind Potenzmittel?
Merbach: Die Unterschiede sind groß. Bei Viagra kostet die Tablette rund 14 Euro. Ein Generikum mit dem gleichen Wirkstoff wie zum Beispiel Sildenafil 1A Pharma oder Sildenafil Neuraxpharm kostet pro Stück 1,30 Euro bis vier Euro. Von der Wirkung her macht es keinen Unterschied.
SPIEGEL: Nimmt man die Mittel immer kurz vor dem Sex?
Merbach: Das ist je nach Wirkstoff unterschiedlich. Viagra nimmt man eine Stunde, bevor man intim werden möchte, ein. Die Wirkung hält dann vier bis fünf Stunden an. Andere Mittel entfalten schneller ihre Wirkung, etwa jene zum Spritzen. Da ist Mann schon fünf bis zehn Minuten nach der Injektion »startklar«, die Erektion hält dann etwa 30 bis 60 Minuten an.
SPIEGEL: Werden Potenzmittel von der Krankenkasse bezahlt?
Merbach: Nein. Sie gelten als Lifestyle-Medikamente und müssen deshalb selbst bezahlt werden.
SPIEGEL: Und trotzdem besteht eine Rezeptpflicht?
Merbach: Ja, denn die Patienten sollten vorab einen Arzt konsultieren – um Vorerkrankungen zu erkennen und um über Nebenwirkungen aufgeklärt zu werden. Es gab in der Vergangenheit mehrfach Versuche, die Rezeptpflicht aufzuheben.
Aber das wurde bis jetzt vom zuständigen Sachverständigenausschuss abgelehnt. Die Kehrseite ist, dass der Schwarzmarkt im Internet weiter blüht.
SPIEGEL: Gibt es neben den vielen chemischen auch natürliche Wirkstoffe?
Merbach: Ja, ein natürliches Präparat ist bei uns zugelassen, es heißt Yohimbin und wird aus der Rinde eines afrikanischen Baumes gewonnen. Die Studienlage dazu ist aber dünn, es gibt wenig Beweise, dass dieses Mittel der Potenz zuträglich ist. Wir haben es als wenig geeignet eingestuft.
SPIEGEL: Im Internet werden auch angebliche Wundermittel zur »Stärkung der Manneskraft« angeboten. Was ist davon zu halten?
Merbach: Nichts. Immer wieder wird zum Beispiel ein Schlauchpilz aus Tibet beworben, den man in Tablettenform einnehmen kann. Das führt angeblich zu mehr Ausdauer und Stärkung der Libido. Dafür fehlen aber wissenschaftliche Belege. Außerdem ist dieses Mittel bei uns nicht zugelassen. Bei Wundermitteln sollte man generell skeptisch sein. Sie sind mit Risiken verbunden und kosten dazu noch eine Menge Geld.
SPIEGEL: Was kann man gegen Potenzschwäche unternehmen, ohne Präparate zu schlucken?
Merbach: Manchmal hilft es schon, am ungesunden Lebensstil zu arbeiten oder sich klarzumachen, dass in der Partnerschaft etwas nicht funktioniert. Auch mehr Bewegung und ein Beckenbodentraining können helfen, die Potenz zu stärken. Es gibt spezielle Beckenbodenzentren. An manchen ist schon jeder dritte Patient ein Mann.“